Über 10 h im Cockpit und über 1000 km

Als wollte er der LSG Amberg pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum ein passendes Geschenk machen, flog David Neumann am 16. Juli 2022 nach Start in Amberg eine Strecke von 1026 km im reinen Segelflug. Eine solche Leistung gab es von diesem Flugplatz aus noch nie. Das Bild zeigt den Flugweg.

Flugweg in der Landkarte mit verschiedenen Luftraumgrenzen

Nach einem Flugzeugschleppstart um kurz vor 10:00 Uhr klinkte der Pilot etwas nordöstlich des Mariahilfbergs aus und flog zunächst Richtung Bayerischer Wald bis kurz vor der österreichischen Grenze. Zurück ging es bis nach Weißenburg, wieder Richtung Ostsüdost und diesmal bis weit nach Österreich hinein. Der Moldaustausee lag in dieser Phase im Norden und muss einen herrlichen Anblick geboten haben. Der nächste Schenkel führte wieder bis südlich von Nürnberg bis kurz vor Gunzenhausen und nach einer letzten Wende nicht weit von Straubing ging es endlich zurück nach Amberg, Landung gegen 20:12 Ortszeit. So spät noch Thermik zu haben ist nur im Hochsommer möglich. Bis auf über 2500 m Meereshöhe wurden auf dem Flug erreicht.

Dies war das erste Mal, dass David die 1000-km-Marke überschritt. Wobei man sich mehrere Punkte vor Augen halten muss, um diese Leistung so recht zu würdigen:

  1. Das Flugzeug war eine ASW 24 WL – zwar ein modernes Kunststoffsegelflugzeug, aber es gehört zur Standardklasse, die auf 15 m Spannweite begrenzt ist und keine Wölbklappen haben darf.
  2. 1026 km sind die gewertete Flugdistanz im motorlosen Flug. In Wirklichkeit ist die geflogene Strecke deutlich länger, da nur eine begrenzte Anzahl gerader Flugstrecken gezählt wird und der Segelflug fast nie ganz geradlinig verläuft, da man die Stellen unter den Wolken aufsuchen muss, wo die besten Aufwinde zu stehen versprechen. Vom Kreisflug in den Aufwinden selbst ganz zu schweigen.
  3. Zu der erreichten Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 98 km/h muss man wissen, dass viele Piloten bereits stolz sind, wenn sie mehr als 80 km/h erreichen – und das für 3 oder 4 Stunden, nicht gleich 10 Stunden lang.
  4. Ein solcher Flug ist eine ungeheure Dauerkonzentrationsleistung, der Pilot leistet viel mehr als ein Verkehrspilot auf einem Flug gleicher Länge, da er nicht nur ständig den Luftraum beobachten muss, sondern auch immer versuchen muss, die stärksten Aufwinde zu finden und in ihnen durch möglichst geschicktes Kreisen ein maximales Steigen zu erreichen. Das vielversprechendste Höhenband muss gewählt und ständig angepasst werden, die Geschwindigkeit dazwischen muss ebenfalls in einem optimalen Bereich gehalten werden, um weder Zeit zu verschenken noch zu viel Höhe zu „verbrennen“.
  5. Im Höhenprofil zeigen sich drei Phasen mit Flughöhen ca. 500-600 m über Grund. Dann muss sich der Pilot zum Teil mit relativ schwachen Aufwinden zufrieden geben, um nicht noch mehr Höhe zu verlieren. Daher kosten sie besonders viel Kraft und verzögern auch das Fortkommen.
  6. Schaffen kann man so etwas nur nach langem und intensivem Training, in dem die Steuerbewegungen für das Flugzeugs ins Unterbewusste übergehen, so dass der bewusste Denkprozess sich auf die über die aktuelle Flugsituation hinausgehenden Entscheidungen konzentrieren kann. Auch dafür ist genug Erfahrung nötig und bei solchen Leistungen eine große Portion Talent.
  7. Schließlich ist die körperliche Belastung durch die ständig wechselnde Höhe nicht zu unterschätzen. Dabei ändert sich nicht nur der Luftdruck, sondern es gibt auch ganz ordentliche Temperaturunterschiede.

Übrigens soll nicht verschwiegen werden, dass auch nicht ganz so leistungsfähige Piloten am Segelflug große Freude haben können – wenn auch meist bei Flugstrecken, die eher im Bereich von 200 bis 500 km liegen.

Wir gratulieren ganz herzlich und wünschen David weiterhin große Erfolge!